Abstracts

Adam W. Flynn and Sarah Outhwaite
Love across Time and Space. Methods and Tools of Long-Distance Relationships


Die moderne Fernbeziehung ist ein Produkt der Technologie. Sie verbindet den Geist überall dort, wo die Materie dies nicht tun kann. Je größer unser Streben nach Intimität ist, desto extremer werden die Paradoxa des Raums. Die Vortragenden werden Einblicke wiedergeben, die sie in ihrer einjährigen Fernbeziehung, zehntausende Kilometer getrennt voneinander und mit zwölf Stunden Zeitverschiebung, gewonnen haben. Sie werden die spezifischen Eigenschaften von verschiedenen Kommunikationsmedien analysieren und die Frage beleuchten, wie Kommunikationsobjekte unsere Geliebten verkörpern können (bzw. auf welche Arten sie versagen). 


Johannes Grenzfurthner
I can count every star in the heavens above but I have no heart, I can’t fall in love. Computer technology in popular music.


Die bourgeoise Kultur wurde gelähmt und letztendlich auch überrollt von modernen Technologien, welche die traditionellen Klassengrenzen durchbrochen haben. Sie wurde panisch und hat jene blödsinnigen technophoben Manifestationen und Bilder von z.B. „dem Computer“ produziert. Popmusik hat den Computer nicht nur als musikalisches Instrument erkundet, sondern auch als etwas, über das man auf eine weniger aversive Weise singen und reflektieren kann. Dabei hat es das Verständnis, das Menschen vom Computer haben nachhaltig beeinflusst. Das öffentliche Bild des Computers wurde durch Gruppen wie Kraftwerk geprägt, aber auch durch obskure Schlager wie z.B. France Galls „Computer Nr.3“. Das Bild des Computers wurde nicht nur durch die Computer-Angst der Hochkultur geprägt, sondern auch durch eine naive Technomanie. So beförderte es die Dialektik des Computers als Träger kultureller Technologie innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft.


Christian Heller
Killing (the power of) Time. Archiving selves, cities, histories, and universes

Die Gegenwart aufbewahren, die Vergangenheit rekonstruieren: die Ausdehnung jeglicher Art von Information über eine gewisse Zeit hinweg ist eine große Herausforderung. Sie beinhaltet oft verlustbehaftete Übersetzungsprozesse von verfallenden Aufbewahrungsmedien des Geistes zu verfallenden Aufbewahrungsmedien der Materie und umgekehrt. In diesem Vortrag möchte ich einige auffallende Beispiele solcher Entwicklungsübungen näher beleuchten: 1. Die Konservierung des eigenen Selbst; das Erlangen von Unsterblichkeit in Pyramiden in Geschichtsbüchern; Kühlkonservierung und Gedanken-Uploads. ­Welche geistige und körperliche Information sollen wir speichern, wenn wir das, was uns ausmacht für die Zukunft erhalten wollen? Wird die Post-Singularitätszivilisation in der Lage sein, uns alle zu rekonstruieren? 2. Rekonstruktion unserer materiellen Umwelt, besonders der Städte; Rekonstruktion von vergangenen Realitätserfahrungen in Filmen und Videospielen; Aufbewahrung dreidimensionaler Momentaufnahmen von Stadtbildern für die Zukunft in „Grand Theft Auto“ und „Google Earth“; vermehrte Realitätsebenen die Vergangenes über Gegenwärtiges legen: bau mit dem Handy das World Trade Center und die Berliner Mauer wieder an ihren ursprünglichen Plätzen auf. 3. Einebnung und Postmodernisierung von Geschichte; die Befreiung der Geschichte von der materiellen Beschaffenheit der Zeit – sie wird dadurch zu einem nicht-linearen Spielplatz, einem schwerelosen Text, mit dem gespielt werden kann. Da Geschichte nur einer von vielen Texten ist, können Spiele auf bewusste Weise Geschichte(n) verändern, sodass neue Abfolgen sichtbar werden. 4. Kosmologische Grenzen in Bezug auf die Speicherung und Rekonstruktion von Information. Ist das Universum ein digitaler Datenverarbeitungsprozess? Und falls dem so ist, wie groß müsste dann die Festplatte sein, um dessen Information zu speichern? Ist Bewusstsein, das in materiellen Prozessen gespeichert ist noch nicht bearbeitbar durch unsere digitalen Datenverarbeitungsmachinen?


Jana Herwig
The archive versus/as the repertoire


Der Diskurs über Archive basiert oft auf dem unhinterfragten Unterschied zwischen „mündlichen” und „schriftlichen“, oder „verbalen“ und „textuellen“ Traditionen. Als Reaktion darauf hat Diana Taylor vorgeschlagen, die Praktiken des Archivs in Opposition zu denen des Repertoires zu erforschen. Letztere verlangen immer auch Anwesenheit, Partizipation und verkörperte Ausführung. Der Vortrag möchte Taylors Vorschlag noch einen Schritt weiter führen und ihn auf Onlinephänomene anwenden. Genauer betrachtet werden soll dies am Beispiel des Imageboards 4chan. Hier gehen Medientechnologie (als scheinbarer Inbegriff des Archivs) und verkörperte Praxis (die Interaktion und Gegenaktionen der Benutzer in Hinblick auf das Löschprogramm der Plattform) Hand in Hand.


Herbert Hrachovec
Impressive. Moving Pictures moving Thought


Bilder sind Objekte; Bilder sind kognitive Gebilde. Weder können sie auf materielle Verwirklichung verzichten, noch auf jene Personen, die Materialien gebrauchen, um auf etwas anderes zu verweisen. Bildhafte Strukturen drücken sich uns auf. Sie tun dies allerdings nur weil wir uns beeindrucken lassen und uns selbst auch ausdrücken müssen. Oft schon hat der Avantgardefilm diese Verbindungen erforscht. Beispiele von Kurt Kren und Dietmar Brehm werden diskutiert werden, um das Zusammenspiel von sinnlichen Impressionen und Bedeutungsherstellung zu erkunden.


Lin Hsin Hsin
Demystification of Digital Media


Neben der Erläuterung des allgemeinen „Missverständnisses“ was digitale Kunst alles umfasst (und was sie nicht mit einschließt) soll dieser Vortrag eine Reihe von Beispielen von 2D und 3D Kunstformen und Genres geben, die auf Lin Hsin Hsins Überzeugungen, Prozessen und ihrer Methodologie basieren.
Der Vortrag wird die genaue Arbeits- und Vorgehensweise nicht ausführen, schließt aber an an Hsin Hsins Eco-Datenverarbeitung in digitalen Medienprojekten (seit 2007), die nur ein Minimum an Datenverarbeitungsmittel benötigt. Fest an „Paradigmenwechsel in der Datenverarbeitung“ glaubend, hat sie durch den Einsatz einer mechanischen Maus sowie Linux-Basierten Algorithmen und Gleichungen, ein umfassendes Repertoire an Kunstwerken (nicht-fotorealistisch wie auch fotorealistische Gemälde, Skulpturen und Animationen), Designs (Textilien, Möbel, Schmuck etc.) und Musikinstrumenten (virtuelle und reale) erstellt.


Heather Kelley
Play/Tech/World

Heather Kelley ist Medienkünstlerin und Videospielentwicklerin. Zusammen mit dem SpielerInnenkollektiv Kokoromi produziert und entwickelt sie das Spielprojekt „Gamma“, das experimentelle Spiele in sozialen Kontexten fördert. Davor war Heather Kelley künstlerische Leiterin von „Breakaway“, das elektronische Spiel gegen Gewalt an Frauen der UNFPA. Ihre Arbeit im Bereich der interaktiven Unterhaltung umfasst Spiele als Form der Forschung, künstlerische Spiele, mobile Applikationen, AAA Next-Generation Konsolenspiele, interaktive Smart Toys, handgeführte Spiele und Webcommunities für Mädchen. Johannes Grenzfurthner (monochrom) wird mit Heather Kelley über die wechselseitigen Beziehungen von Technologie, Gesellschaft und Spiel sprechen.


Dmytri Kleiner
P2P communism vs. the client-server state

Indem sich Dmytri Kleiner auf die klassische politische Ökonomie und die Geschichte des Internets und der freien Kultur stützt, entwickelt er Analogien zwischen verschiedenen Produktionsformen und Netzwerkarchitekturen, um zu erklären, warum der Kapitalismus das Internet und die freie Kultur zerstören wird und warum Risikokommunismus der einzige Weg ist, dies zu verhindern.


Kyle Machulis
Too Much


Heutzutage sind Videospiele beständig auf der Suche neue Wege zu finden, um unsere Sinneswahrnehmungen in die Eier zu treten. Intensive Graphiken, Mehrkanalton und nun auch erweiterte Umwelten, um die Erfahrungen abseits des Bildschirms zu steigern. All dies lässt eine Frage dringlich werden: wie können wir ein Spiel kreieren, das ohne all das auskommt und dennoch interessant ist? Der Vortrag widmet sich der Entwicklung eines auf Biometrie basierenden Videospiels, ohne Graphik, ohne Ton und mit der einfachsten Form der Steuerung (nur ein Steuerungsknopf). Indem wir den Körper der Spielerin oder des Spielers als Spielmechaniker verwenden, können wir Spiele herstellen, die dennoch lustig, schwierig und möglicherweise sogar lehrreich sind.


Mela Mikes
The doors of misperception


Innerhalb des diskursiven Mainstreams über das Web2.0 setzte sich die aktive Erstellung von Inhalten als bevorzugter Begriff durch. Entlang dieser Entwicklung wurde das Selbstverständnis der aktiven UserInnen mehr und mehr von einem performativen hin zu einem vermittelten verschoben. Mein Vortrag wird der Frage nachgehen, ob diese Verschiebung innerhalb der Terminologie Sinn macht, oder ob sie die methodologischen Probleme dieses Diskurses verweist. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen kurzen Text von Michel Foucault über die Bedeutung der Literatur zurückkommen, sowie auf einige sorgfältig ausgewählte Texte des Cyberfeminismus, um den Grund der Methoden zu beleuchten, die für die Analyse von Selbstentwürfen und Repräsentationen innerhalb des Web2.0 verwendet werden. Denn meiner Meinung nach kann es nicht das Ziel einer fortschrittlichen Diskussion sein, chauvinistische Konzepte auf der abstrakten Ebene von Terminologie und Methodologie zu verstärken.


Jane Tingley
Network Sculpture

Als Bildhauerin habe ich großes Interesse an all jenen Objekten, die die Basis meiner Installationen darstellen und ich wende viel Zeit auf, um die Beschaffenheit von Objekten zu erforschen und über Objekthaftigkeit nachzudenken. Ich verwende eine große Bandbreite an Medien an denen ich weniger wegen ihren technologischen Aspekten interessiert bin als vielmehr wegen ihren semiotischen Implikationen. Ich interessiere mich für die kulturelle Bedeutung von materiellen Prozessen und versuche Material und Begriff miteinander zu verbinden. Neben der Frage der Objekthaftigkeit sind der Raum und die Erfahrungen der BetrachterInnen zentrale Bezugspunkte meiner Installationspraxis. Ich schaffe Installationen, die visuelle Netzwerke nützen, um die Poetik zeitgenössischer Erfahrung zu erforschen und deren Phänomene neu zu denken. Es ist mir ein Anliegen, Installationen zu entwickeln, die unser Verständnis vom Körper neu denken während ich die verkörperten Erfahrungen der BetrachterInnen innerhalb des Installationsraums erforsche.
Ich werde über meine bisherigen Arbeiten zum Körper sprechen – Körper; Trichobothrien und Periphere Resonanz, der Körper und seine Beziehung zur Natur Plan(iPod)Installation. Und ich werde über die Arbeit sprechen, die ich während paraflows.10 entwickeln werde.


Nina Wenhart
Word Magic

Aaa, sdafsda, sxjhk hfjk asfjkl. Was an Onomatopoesie oder ein Gedicht von Ernst Jandl erinnert, sind Tags, die man in Archiven für Mediendkunst finden kann. Sie beschreiben und bezeichnen die Inhalte dieser Archive. Magisch sind diese Wörter, weil mit ihnen Werke und Wissen aus den Tiefen der Archive heraufbeschworen werden können. Was und ob wir tatsächlich finden, hängt wesentlich von den deskriptiven Metadaten ab. Ein Werk, ein Wort. Und so nimmt auch die Medienkunst den quixotischen Kampf um eine Standardterminologie für Medienkunst auf und will das einzig wahre Ordnungssystem finden. Diese Präsentation gibt Einblick in Versuche, die ephemere Medienkunst mittels desktriptiver Metadaten dingfest zu machen.